Amelie Nothomb – Psychopompos, Diogenes Verlag € 23,80
Nach der Biografie des Vaters und der ihrer Schwester hinterfragt Amelie Nothomb nun ihren eigenen Lebensweg. Schon als kleines Kind war sie fasziniert von Märchen über Vögel, insbesondere Kraniche, beeinflusst durch die ersten Jahre in Japan, wo ihr Vater als Diplomat stationiert gewesen ist. Auch auf den weiteren Stationen in China, den USA, Bangladesch und Bhutan verlässt sie diese Passion nicht und analog zum Flug der Vögel betrachtet in diesem Buch sie ihr literarisches Schaffen. Ein einschneidendes Ereignis verändert und spaltet die Biografie der kleinen Amelie, sie flüchtet sich daraufhin in ihre Einsamkeit, bis das Schreiben sie aus dieser Lethargie und der Essstörung rettet.
In gewohnt beeindruckender, eindringlicher Sprache erzählt die frankobelgische Bestsellerautorin von der Suche nach der eigenen Herkunft, der eigenen Identität in der Relation zu ihrer Beziehung zu den Eltern, dem Beruf des Vaters – der immer einen wichtigen Stellenwert in ihrer Entwicklung einnimmt, legt er doch den Grundstein für ihre literarische Tätigkeit - und demnach der eigenen Stimme.
Das ist der wohl mutigste und offenste Roman der Autorin bislang.
Clemens J. Setz - Mopsfisch Suhrkamp Verlag, € 15,50,-
Was ist nur mit dem Mopsfisch los?
Grade noch lila, ist er jetzt rot und bald schon ein Luftballonpilot?
Ungeduldig und neugierig zieht er gleich weiter:
Ob man in diese Efeuwand gelangen kann?
Aber ja: »Mopsfisch kletter./Mopsfisch rauf./Mopsfisch nimmt Gefahr in Kauf!«
Clemens J. Setz verfasste die wunderbaren gereimten Dreizeiler für seine kleine Tochter, Stefanie Jeschke hat mit ihren farbigen Bildern ein wunderschönes Buch daraus gemacht.
Ein Buch, wie es nur Clemens Setz schreiben kann, voller Witz und sprachlicher Finesse, ein Zungenbrecher folgt dem anderen und wer noch alles richtig und ohne Verhaspeln vorlesen kann, wenn Mopsfisch auf einen zweiten Mopsfisch trifft, der hat unseren tiefsten Respekt verdient. Eine herrliche Unterhaltung für die ganze Familie.
Sally Smith - Der Tote in der Crown Row. Ein Fall für Sir Gabriel Ward, Goldmann Verlag € 22,70,-
1901 stolpert der Anwalt Sir Gabriel Ward fast buchständlich über die Leiche des obersten Richters.
Eigentlich ist der Temple-Bezirk in London ein eher ruhiges Fleckchen, mit seinen alten Häusern und den verwinkelten Gassen liegt er inmitten der Stadt und ist deren juristisches Zentrum. Traditionen werden hier noch hochgehalten, deswegen ist - im Sinne der britischen Höflichkeit - nicht üblich Streit mit Ermordungen zu lösen.
Sir Gabriel mit der Aufklärung desselben beauftragt und stürzt sich mit akribischer Logik auf die Fakten, muss aber bald feststellen, dass ein Mörder sich nicht immer an solche Vorgaben hält und vorallem, dass hinter den alten Mauern mehr Geheimnisse verborgen sind, als man anfangs vermuten möchte.
Ein herrliches Debüt einer Autorin, von der wir hoffentlich noch mehr lesen werden.
Sie lässt ihren sympathischen, etwas naiven Juristen durch die Stadt ziehen, erzählt aber eine sehr fein gesponnene Handlung in klarer, fokussierter Sprache.
Ein stimmungsvoller Krimi mit zahlreichen historischen Fakten, die alle real belegbar sind.
Eine großartige, neue Stimme am Krimihimmel.
Julia Bassenger - Schuhfabrik bleibt! € 22,00,-, Glitzer & Grind
Einer der lohnenswertesten New-Comer-Romane der letzten Jahre, serviert von einem vielversprechenden, neuen österreichischen Verlag.
Julia Bassenger schenkt euch nichts, aber sie schenkt ein und teilt auf herrlichste/ fraulichste/ Art aus. In punkigster Manier werden die Wunderlichkeiten der Gesellschaft und die Abstrusitäten im Alltag aufgedeckt und knallhart an die Wand gestellt.
Und trotzdem berührt zwischen den Zeilen durchblitzend eine Geschichte voller Tragikomik, wenn es nicht so witzig wäre, könnt man stellenweise fast mit und um die Helden weinen.
Aber so erkennen wir uns immer ein Stückchen weit selbst, schlagen uns auf die Seite der Guten, sind Team Langos, der Hund oder Team Minerva, das Punkhendl und genießen den Anblick der einstürzenden Neubauten in der Großfeldsiedlung.
Lukas Pellmann: Prater. Ein dystopischer Heimatroman. € 14,30,- Edition Text/Rahmen+
Valerie Kepler hat erfreuliche Nachrichten für ihren Mann Jan: Sie ist schwanger. Doch die Umstände im Wien des Jahres 2028 sind weniger erfreulich. Eine Trinkwasser-Katastrophe verwüstete sechs Jahre zuvor zwei Wiener Bezirke. Den Menschen blieb nur die Flucht über die Donau, in die Bezirke Leopoldstadt und Brigittenau. Als sich die übrigen Stadtteile einer fairen Verteilung der Flüchtlinge verweigerten, kippte die hilfsbereite Stimmung.
Sechs Jahre später hat sich Wien in eine Ansammlung loser Stadtstaaten verwandelt. Aus der Leopoldstadt wurde der autoritär regierte Prater, dessen Herrscher rigoros gegen geflüchtete Danubier vorgeht. Jan Kepler stieg zu einem ranghohen Mitarbeiter der Abteilung für direkte Wahrheit auf. Und aus Valerie wurde eine Frau, die als gebürtige Danubierin im Prater keine Zukunft für sich und ihr Baby sieht.
Die Handlung mag im ersten Moment sonderbar erscheinen, doch gibt die Katastrophe einen guten Rahmen für die eigentliche Problemstellung des Romans. Wie reagieren wir, wenn wir uns mit einer Situation konfrontiert sehen, in der wir gezwungen werden, anderen Menschen zu helfen und uns damit aus unserer Komfortzone zu begeben. Dass hier Wiener gegen Wiener stehen, macht das Ganze umso direkter, der „Feind“ sind in diesem Roman die Transdanubier.
Wien in jeder klassischen Dystopie leben die Menschen unter beständiger Überwachung durch den Staat und Meinungs- und Pressefreiheit gehören der Vergangenheit an, denn kaum etwas macht Menschen gefügiger als Angst und diese wird bewusst geschürt. Das macht auch die Aktualität dieser Geschichte aus, denn auch in den diversen kostenlosen Zeitungen wird oft die Meinung in eine bestimmte Richtung gelenkt.
Im Roman sind auch Aussagen mit * gekennzeichnet, was sich erst im Editorial erklärt: Es handelt sich hierbei um wörtliche Zitate aus den Medien oder von Parteimitgliedern im Jahr 2015, zur Zeit der Flüchtlingskrise.
Ein Roman, der aufrüttelt, wach macht und auch 10 Jahre nach der Krise und sieben Jahre nach Erscheinen nichts an Brisanz eingebüßt hat.
Anna Nicholas - Das Teufelshorn. Der erste Fall für Isabel Flores. Ein Malloraca-Krimi, € 18,50, Diogenes Verlag
Isabel Flores genießt ihren Cortado in der Bar Castell im malerischen Dorf Sant Martí, als der friedliche Sommertag jäh durch eine Schreckensnachricht verdunkelt wird: Ein kleines Mädchen ist verschwunden, am Strand entführt, und Hauptkommissar Tolo Cabot bittet seine ehemalige Kollegin Isabel um Hilfe. Als Ermittlerin war sie berühmt für ihren scharfen Verstand und ihre beinahe unheimliche Intuition, doch nun beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.
Ermitteln, wo andere Urlaub machen: ein flotter, leicht geschriebener Krimi für Fans von Donna Leon und Luca Ventura. Die Ermittlungen vor der malerischen Kulisse der Berglandschaft Mallorcas werden zusätzlich von Informationen zur Landschaft und Natur, Bräuchen und natürlich den Verlockungen der mallorquinischen Küche untermalt. Ein Krimi wie eine laue Sommerbrise. Perfekt für den Strand oder die Zeit bis zum nächsten Urlaub.
Nikolaus Ober, Nina Ober: Brillenbärs Erfindungen
€ 24,00,- Luftschacht Verlag
Mit liebevollem Witz und humorvollen Dialogen führen uns Nina und Nikolaus Ober durch einen abstrahierten, phantasievollen Dschungel, in dem es neben Brillenbärs Erfindungen vor überraschenden Details (für Groß und Klein) nur so wimmelt.
Wenn ihre euch etwas wünschen dürftet, was hättet ihr denn gern?
Oder seid ihr wie das Faultier auch gücklich mit eurer Hängematte???
Der Brillenbär versucht auf jeden Fall etwas zu erfinden, weiß aber noch nicht was.
Es muss schon was ganz Tolles sein! Und nützlich! Und etwas Großartiges und Neues!
Sonst ist es ja keine Erfindung, meint der Pavian.
Und schon kommen alle Tiere im Dschungel mit ihren Wünschen zum Erfinderbär.
Hättet ihr vielleicht auch gern einen Elefantenrückenkratzer? Oder lieber eine extragroße Giraffenfotokabine? Flamingo-Gefieder-Färbemaschinen hätten wir auch im Angebot? Gibt es nicht doch schon einen Zeiteinfrierer?
Ja, Himmelstorch und Steppenzwirn! So kommt man ja gar nicht mehr nach mit dem Lesen, wenn man die ganze Zeit am Erfinden ist!
Ein superkomisches Bilderbuch für große und kleine Erfinder und Entdecker, sowie Tierliebhaber zum Immer-Wieder-Vorlesen und Anschauen.